Solidaritätsveranstaltung 06.03.2015

„Der Wille und nicht die Gabe macht den Geber.“ (Gotthold Ephraim Lessing aus Nathan der Weise)
Am 06.03.2015 fand an der Hans-Grade-Straße Ecke Macherstraße eine Solidaritätskundgebung mit und für Flüchtlinge statt. An der Veranstaltung beteiligten sich Asylsuchende der zentralen Unterbringung Kamenz sowie verschiedenste Organisationen aus Politik, Gesellschaft und Bürgern der Stadt Kamenz und Umgebung.

Bei der Veranstaltung ging es nicht darum, die Fehler der Politik aufzudecken und einen Sündenbock zu finden, sondern darum, mit den jetzigen Zuständen umzugehen und diese zu verbessern, bzw. für Abhilfe einzelner Probleme zu sorgen. Viele Bürger begrüßten die Anwesenheit der Flüchtlinge. So kam eine positive Atmosphäre und ein Gewinn bringender Austausch mit der Bevölkerung zustande. Jedes Gespräch, jeder Kontakt und jede Unterhaltung hilft Vorurteilen und Ängsten entgegenzuwirken.

Auf der Solidaritätskundgebung hielt Georg Tietzen folgende Rede:

„Martin Luther King hielt am 28. August 1963 seine Rede „I have a dream“. In der deutschen Übersetzung heißt es:

‚Ich habe einen Traum, dass sich eines Tages diese Nation erheben wird und die wahre Bedeutung ihrer Überzeugung ausleben wird: Wir halten diese Wahrheit für selbstverständlich: Alle Menschen sind gleich erschaffen.

Ich habe einen Traum, dass meine vier kleinen Kinder eines Tages in einer Nation leben werden, in der man sie nicht nach ihrer Hautfarbe, sondern nach ihrem Charakter beurteilt.
Ich habe heute einen Traum!‘

Auch ich habe diesen seinen Traum: Ich möchte in einem Land, in einer Welt leben, wo Gleichberechtigung, Frieden, Freiheit und Arbeit Wahrheit sind, nicht nur in Worten, sondern wirklich überall und für jeden – gleich aus welchem Land er kommt und welche Hautfarbe er trägt.

Daneben aber habe ich weitaus bescheidenere, kleinere Träume. Lasst mich von einem Traum erzählen, den ich heute Nacht hatte:

Ich träumte:

  • dass Flüchtlinge, die aus Krieg und Not zu uns kommen, in der Hoffnung auf ein friedliches und besseres Leben – hier herzlich empfangen werden,
  • dass einer Familie und jedem einzelnen Flüchtling oder Asylbewerber Hilfe und Unterstützung zuteilwerden, statt ihnen von vornherein mit Misstrauen und Hass zu begegnen.

Ich träumte:

  • dass jeder Bewohner dieses Heims oder jeder anderen Unterkunft, in der es kaum eine Privatsphäre geben kann, in kürzester Zeit in einer Wohnung mit lieben und hilfsbereiten Nachbarn die Möglichkeit erhält, sich und seiner Familie ein freies und glückliches Leben zu gestalten,
  • dass jeder von ihnen die Möglichkeit erhält, unsere schöne deutsche Sprache zu erlernen und zwar vom ersten Tag seines Aufenthalts bei uns an und vom Staat organisiert und finanziert, und Bündnisse wie das unsere nur freundschaftliche Unterstützung geben brauchen, statt die staatliche Leistung ehrenamtlich soweit es in ihren Kräften steht, ersetzen zu wollen,
  • dass er von Anfang an das Recht erhält, zu arbeiten, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen und geachtet zu werden,
  • dass er sich frei und gleich in Deutschland bewegen kann,
  • dass – wenn er oder sein Kind erkrankt – sie die gleiche gesundheitliche Fürsorge erhalten wie wir, ohne erst zu Behörden zu laufen, um einen Schein zu erhalten, der nur eine eingeschränkte ärztliche Versorgung ermöglicht,
  • dass er hier in unserem Land Schutz und Sicherheit – und mehr noch: einen Ort zum Leben erhält.

Ich träumte:

  • dass jeder Fremde auf unseren Straßen mit einem freundlichen Lächeln und einem freundschaftlichen „Hallo“ begrüßt wird und
  • dass auf facebook-Seiten keine einzige herabwürdigende, von Fremdenfeindlichkeit und Hass triefende Zeile mehr geschrieben steht.

In diesem Moment erwachte ich und erkannte die andere, uns oft enttäuschende Wirklichkeit. Und so bitte ich Euch, lasst uns gemeinsam dafür eintreten, dass mein Traum kein Traum bleiben muss.“ (Georg Tietzen 06.03.2015)

Am Ende der Veranstaltung verabschiedete sich ein Asylbewerber bei mir und sagte. „Ihr könnt nach Hause gehen wir … gehen da hin.“